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Erben und vererben – aber richtig

Enterbt – oder doch nicht?

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Ein wenig bekommen nahe Angehörige vom Erbe immer. Denn den Pflichtteil können ihnen Erblasser nur unter strengen Voraussetzungen entziehen. FOTO: DPA

Testament: Wer trotz Ausschluss dennoch einen Anteil des Nachlasses einfordern kann

LANDKREIS. Wenn ein Streit in der Familie eskaliert oder sich Verwandte entfremden, können Erblasser Angehörige vom Erbe ausschließen. Doch auch Enterbte haben unter bestimmten Umständen einen Anspruch auf einen Teil des Nachlasses.Das schwarze Schaf der Familie soll nichts vom Vermögen bekommen? Grundsätzlich ist das möglich. „Entweder ordnet der Vererbende den Ausschluss eines gesetzlichen Erbens im Testament an oder er erwähnt ihn einfach gar nicht“, sagt Eugénie Zobel-Kowalski von der Stiftung Warentest.Abhängig vom Verwandtschaftsgrad steht dem Enterbten aber unter Umständen dennoch ein Mindestanteil des Nachlasses zu: der Pflichtteil. Wichtige Fragen und Antworten:Wem steht der Pflichtteil zu?Zum Kreis der Berechtigten gehören der Ehe- beziehungsweise Lebenspartner bei einer eingetragenen Lebensgemeinschaft sowie die Kinder. „Geht eine dieser Personen laut Testament leer aus, hat sie einen Anspruch auf die Auszahlung des Pflichtteils“, erklärt Stephanie Herzog von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).Leben die Kinder des Erblassers nicht mehr, werden die Enkel pflichtteilsberechtigt. „Verstirbt jemand ohne Abkömmlinge, so haben die Eltern einen Pflichtteilanspruch, nicht aber Geschwister, Neffen oder Nichten“, erläutert der Rechtsanwalt und Notar Thomas Grote.Wie hoch ist der Pflichtteil?Als Faustregel gilt: „Der Pflichtteil entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils“, sagt Herzog. Bei einer Familie mit zwei Kindern bedeutet das: Laut gesetzlicher Erbfolge würde die Ehefrau nach dem Tod ihres Mannes die Hälfte des Nachlasses bekommen und die beiden Kinder jeweils ein Viertel des Erbes. Als Pflichtteil steht den Kindern folglich jeweils ein Achtel des Nachlasses zu.Wie lange kann ein Berechtigter den Pflichtteil einfordern?Nach dem Tod des Erblassers müssen Berechtigte ihren Anspruch gegenüber den Erben geltend machen. Die Frist verjährt nach drei Jahren. „Sie beginnt am Ende des Jahres, in dem der Erblasser gestorben ist und die Person Kenntnis von der Enterbung hat“, sagt Grote. Ist der Erblasser also beispielsweise am 22. Mai 2016 gestorben, kann der Berechtigte seine Pflichtteilforderung bis zum 31. Dezember 2019 anmelden – etwa durch Klageerhebung oder Beantragung eines Mahnbescheids.Auf welche Weise muss der Berechtigte den Pflichtteil einfordern?Formal gibt es kaum Vorgaben. „Rein rechtlich reicht es, wenn der Berechtigte seine Forderung mündlich äußert“, sagt Herzog. „Ich würde jedoch jedem empfehlen, die Auszahlung schriftlich einzufordern.“Meist kennt der Berechtigte die Höhe des Nachlasses nicht. Er hat aber einen Auskunftsanspruch. Die Erben müssen ihm also den gesamten Nachlass offenlegen. „Um die Höhe seines Anspruches zu ermitteln, muss er davon die Beerdigungskosten und gegebenenfalls sonstige Schulden abziehen“, erläutert Herzog. Auch Schenkungen zu Lebzeiten müssen gegebenenfalls berücksichtigt werden.Kann der Erblasser jemandem den Pflichtteil entziehen?Im Prinzip ja: Die Hürden sind aber sehr hoch. „Der Pflichtteilsberechtigte ist vom Gesetzgeber gut geschützt“, sagt Grote. Möglich ist der Entzug unter anderem, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihm nach dem Leben getrachtet oder ihn körperlich verletzt hat. „Aber auch, wenn der Berechtigte eine schwere Straftat begangen hat und dafür mindestens ein Jahr ohne Bewährung ins Gefängnis musste“, sagt Grote.In jedem Fall sollte der Erblasser im Testament oder im Erbvertrag genau beschreiben, warum die Teilhabe des Pflichtteilsberechtigten am Nachlass unzumutbar ist. Denn besteht nach dem Tod des Erblassers eine Unklarheit, kann die Entziehung des Pflichtteils unwirksam sein. „Dann müssten die Erben gute Argumente und Beweise vorweisen, warum dies dennoch gerechtfertigt ist“, erklärt Herzog. dpa

Auch kinderlose Ehepaare sollten Erbfolge regeln

LANDKREIS. Ein Testament lohnt sich auch für kinderlose Ehepaare. Denn wenn nichts festgelegt ist, greift im Todesfall die gesetzliche Erbfolge. Bei kinderlosen Ehepaaren bedeutet das: Nicht nur der Partner, sondern auch die Eltern des Verstorbenen können einen Anspruch auf einen Teil des Erbes haben. Darauf weist die Notarkammer Bremen hin. Sollten die Eltern nicht mehr leben, können auch Geschwister, Nichten oder Neffen erben.

Um den länger lebenden Partner abzusichern, sollten Paare sich gegenseitig als Alleinerben im Testament einsetzen. Wichtig zu wissen: Auch dann können die Eltern des Verstorbenen Pflichtteilsansprüche anmelden. Deshalb sollten Erblasser – zusätzlich zum Testament – mit den Eltern einen Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Diesen Vertrag muss ein Notar beurkunden. dpa

Nachträge können auch ohne Unterschrift wirksam sein

LANDKREIS. Handschriftliche Ergänzungen im Testament können auch wirksam ein, ohne dass sie jeweils einzeln unterschrieben wurden. Entscheidend dafür ist, dass der Erblasser eventuelle spätere Änderungen des Testaments in der Testamentsurkunde angekündigt hat. Das geht aus einem Beschluss des Kammergerichts Berlin hervor (Az.: 6 W 97/16). Dann kann auch ein unterschriebener, pauschaler Vermerk zu nachträglich vorgenommenen Änderungen am oberen Rand des Testaments ausreichen, um diese erkennbar zu decken. dpa

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Testament: Wer trotz Ausschluss dennoch einen Anteil des Nachlasses einfordern kann