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Im letzten Willen verbunden

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Der gemeinsam verfasste letzte Wille ist ein Zeichen des Vertrauens unter Eheleuten. FOTOS: DPA

Streit unter Erben nimmt zu

Welche Vor- und Nachteile ein Ehegattentestament mit sich bringt

LANDKREIS. Der gemeinsam verfasste letzte Wille ist ein Zeichen des Vertrauens unter Eheleuten. Ehegattentestamente – zu denen auch das beliebte Berliner Testament gehört – können aber auch eine Fessel für den überlebenden Partner sein. 

Zusammen durch dick und dünn: Das versprechen sich Paare zur Hochzeit. Dabei spielt die wirtschaftliche Absicherung der Partner eine Rolle – auch im Erbfall. In einem gemeinsamen letzten Willen können Ehegatten sich gegenseitig zu Erben bestimmen. Das Besondere am Ehegattentestament: Es bindet regelmäßig über den Tod hinaus. 

Im gemeinschaftlichen Testament legen Ehegatten zusammen ihren letzten Willen fest – mit der Hand niederschreiben muss es nur einer. Dabei ist es egal, „ob der Text in der Ich- oder in der Wir-Form formuliert wird“, sagt Stephan Scherer. Der Anwalt ist Mitglied im gesetzgebenden Ausschuss der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. Wichtig sei aber, dass der andere Partner das Papier unter Angabe von Ort und Datum ebenfalls per Hand unterschreibt. 

Standard des Ehegattentestaments ist das sogenannte Berliner Testament. Darin setzen sich die Partner gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen, dass die Kinder erst nach dem Tod beider Eheleute zum Zuge kommen.

Für die Ehepartner sind solche zusammen getroffenen Regelungen in der Regel verbindlich. Im Alleingang lassen sich diese wechselseitigen Verfügungen grundsätzlich nicht ändern. „Beide Partner müssen einverstanden sein und können dann ein neues gemeinsames Testament errichten“, sagt Scherer.

Nach dem Tod eines Partners besteht für den anderen kaum eine Chance, etwas zu ändern. Diese Bindungswirkung ist vom Gesetz gewollt. Sie hat mit Vertrauensschutz zu tun: „Beide Seiten haben Gewissheit, dass ihr Wille durchgezogen wird.“

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Verbunden bis über den Tod hinaus: Im gemeinschaftlichen Testament legen Ehegatten zusammen ihren letzen Willen nieder.

Öffnungsklauseln ermöglichen dem Überlebenden Freiraum – beispielsweise, um die Erbquote anders zu verteilen. Oder um anstelle der Kinder Enkel, Tanten oder Freunde zu bedenken und Vermächtnisse auszusetzen. Möglich wäre sogar zu bestimmen, dass der Partner mit dem Vermögen tun kann, was er will.

„Öffnungsklauseln geben Flexibilität“, sagt der Notar Thomas Wachter. Dennoch bergen seiner Erfahrung nach bindende, wechselseitige Verfügungen eine Menge Streitpotenzial. Sie sind vertrackt und vielfältig auslegbar: „Was ist überhaupt wechselbezüglich?“

Beim Berliner Testament – Partner Alleinerbe, Kinder als Schlusserben – hat die Bindungswirkung steuerliche Nachteile. „Freibeträge werden nach dem ersten Todesfall verschenkt, weil bei größeren Vermögen zweimal Erbschaftsteuer gezahlt werden muss“, erläutert die Erbrechtsanwältin Julia Roglmeier. „Erst vom Partner und nach dessen Tod von den Kindern.“

Sie hält es für besser, dem Partner die Möglichkeit zu geben, Kindern vorab ein Vermächtnis auszuzahlen. Das reduziere die Erbschaftsteuer. Scherer sagt: „Gute Ehe, gemeinsame Kinder, Vermögen zwischen ein und zwei Millionen Euro – dann ist das Berliner Testament wunderbar.“ Bei größeren Vermögen verbiete es sich.

Bei einer Scheidung ist meist Schluss mit dem gemeinschaftlichen Testament. Der letzte Wille wird in der Regel ungültig, sobald die Scheidung rechtskräftig ist. Umstritten ist jedoch, ob bereits der Scheidungsantrag reicht und was passiert, wenn ein Partner im Laufe des Scheidungsverfahrens stirbt. Deshalb sei es nützlich, „eine Klausel einzufügen, wie das Ganze im Zuge einer Scheidung oder Trennung geregelt werden soll“, sagt Roglmeier.

Wachter hält getrennte Testamente für die bessere Lösung. „Man kann sich trotzdem gegenseitig zu Erben einsetzen und den Inhalt einseitig ändern“, nennt er Vorteile. Die Besonderheit der Bindungswirkung entfällt.

Die „kurze Halbwertzeit der Ehen heute“ ist für ihn ein zusätzliches Argument für ein Einzeltestament. Scherer spricht sich hingegen für das Ehegattentestament aus: „Es ist ein Zeichen von Vertrauen über den Tod hinaus.“ dpa

Streit unter Erben nimmt zu

LANDKREIS. Für viele Deutsche bleibt das Thema Erben ein Tabuthema. 60 Prozent der Menschen hierzulande beschäftigen sich ungern mit der Regelung des Nachlasses. Das hat eine Allensbach- Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank ergeben.

Zugleich will die Mehrheit der 1706 Befragten Erbstreitigkeiten möglichst vermeiden. Dennoch stellt bislang nur eine Minderheit zu Lebzeiten die Weichen zur Regelung ihres Nachlasses.

Und während die Zahl derjenigen zunimmt, die ein Testament verfassen, wächst auch die Zahl der Streitfälle, wie aus den Umfrageergebnissen hervorgeht. Denn oft geht es um erhebliche Summen in Form von Geld, Immobilien und Wertpapieren: Schätzungen zufolge vererben die Deutschen Jahr für Jahr 200 bis 300 Milliarden Euro Privatvermögen. dpa